Guy Féaux de la Croix
EuropaKunst & China-Freundschaft: Bernd Schwarzer in Shanghai
Bernd Schwarzer, jetzt in Shanghai. Nunmehr mit seinen Werken in China. Das war ihm seit langem wichtig. Die Ausstellung findet zum 20 Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung statt. Darüber freuen wir uns dankbar als ein Zeichen der chinesischen Verbundenheit mit dem deutschen Volke. Und umgekehrt ist sie unsere Geste der Gratulation zum chinesischen Nationalfeiertag.
Unsere Lebensfreude an dieser EuropaKunst wollen wir nun auch mit den Chinesen teilen. Wir wollen verständlich machen, als Deutsche, was uns Vaterland, Europa, Freundschaft mit anderen Völkern in der globalen Gemeinschaft bedeutet. Kunst als Medium der Verständigung. Wahr ist aber auch: Von Anfang an war Kunst ein Medium des Geheimnisvollen, allein mit dem Denkverstand nicht begreiflicher Wahrheiten. In zeitgenössischer Kunst ist Rätselhaftigkeit gewissermaßen zum Kunstkriterium geworden.
Schwarzer ist ein vergleichsweise verständlicher Künstler, auf den ersten Blick jedenfalls. Ein Repräsentant deutscher Malerei. In ihm haben wir einen Maler, dessen Ausdruckswillen über die Zweidimensionalität der Leinwand hinausdrängt in eine nachgerade skulpturale Dreidimensionalität. Seine Monumentalität ist Grenzerweiterung, neue Räume für Wahrnehmung schaffend, für Wahrheit und für Freiheit.
Und schließlich steht Schwarzer für den Einfluss chinesischer Kunst auf die neue deutsche Malerei. Bereits im 19. Jahrhundert war chinesische Kunst eine wichtige Triebkraft der Moderne. In der Studentenrevolte ab 1968 vollzog sich eine Repolitisierung der deutschen Kunst in Deutschland. Wie in der chinesischen politischen Kunst, wie schon seit jeher in chinesischen Bildwerken wurden Texte in Bilder einbezogen. Es waren auch in Deutschland Bilder, die auf einen gesellschaftlichen Wandel drängten.
Schwarzer, insoweit ein Einzelgänger und weit Vorausschauender, drängte auf die deutsche Wiedervereinigung. Wie kein anderes Volk sind die Deutschen von außen dazu gezwungen worden, ihrer Geschichte ehrlich ins Auge zu sehen. Es ist ein Rückblick auf große Höhepunkte der Kulturgeschichte, aber auch auf die Idiotie des Kaiserreiches und auf den Abgrund des Rassismus und des Holocaustes. Zur Wahrheit der Deutschen gehört auch, dass viele in West und Ost sich an die deutsche Teilung gewöhnt hatten. Ihre Überwindung für unmöglich hielten. Um des Friedens willen an der Teilung nicht rütteln wollten.
Keiner brachte den Protest gegen die Teilung so auf den Begriff wie Schwarzer. Für ihn war deutsche Teilung nicht zu trennen von der Teilung Europas. Und so nahm er die lang ersehnte Überwindung dieser Teilung schließlich wahr als deutscheuropäische Wiedervereinigung. Seine Malerei wandelte sich von düsteren Leidensbildern zu hellen Freudenbildern.
Der Patriotismus des Bernd Schwarzer, seine Europaliebe sind eben nicht Ausdruck einer eurozentristischen Weltsicht. Er steht vielmehr dafür, dass tiefe Verbundenheit mit dem eigenen Vaterland, tiefer Glaube in die Notwendigkeit und ethische Bedeutung der europäischen Einigung konsequent einher gehen mit der Empfindung globaler Verbundenheit.
Die Zukunft der Menschheit hängt nicht zuletzt ab von einer Verständigung zwischen Deutschen und Chinesen, von Europäern und Chinesen. Davon, dass wir uns trotz großen Unterschiede zu einer Verantwortungsgemeinschaft zusammen finden. Zu einer Gemeinschaft der Verantwortung für die Zukunft der Menschheit.
Athen, am 25. September 2010
Guy Féaux de la Croix
Kurator